Wie alles im Leben, haben auch Produkte eine gewisse „Haltbarkeit“. Genauso, wie es bei uns Menschen die Geburt, das Aufwachsen, das Erwachsen werden, das Alter und schließlich das Lebensende gibt, genauso kann man diesen Zyklus auf das „Leben“ eines Produktes übertragen. Natürlich werden Produkte nicht „geboren“, sondern entwickelt und es geht auch nicht um geistige Reife, sondern um Umsätze und Gewinne. Um sich diesen Zyklus besser vorstellen zu können, wurde das Modell des Produktlebenszyklus aufgestellt.
Es zeigt die Entwicklung eines Produkts über einen bestimmten Zeitraum von der Markteinführung bis hin zur Rücknahme vom Markt anhand von Umsatz- und Gewinnkurve. Dieses Modell der Evolution lässt sich nicht nur auf Produkte, sondern auch auf die unterschiedlichen Geschäftsbereiche eines Unternehmens, Branchen, Technologien oder Märkte übertragen.
Im Produktlebenszyklus sind die für die verschiedenen Phasen charakteristischen Merkmale und Maßnahmen zu erkennen. Aufgrund dieser typischen Marktentwicklung sind Anpassungen bspw. in der Produktentwicklung oder in der Preispolitik vorzunehmen.
Allerdings ist es eben auch nur ein theoretisches Modell. D.h. in der wirtschaftlichen Realität können die Phasen nicht immer so ganz genau voneinander getrennt werden, bzw. haben sie unterschiedliche Zeiträume. Die Beobachtung dieser Entwicklung entlang der verschiedenen Phasen und bestimmte Ereignisse helfen bspw. einem Produktmanager eine Prognose über den weiteren Verlauf der Umsatz- und Absatzzahlen zu erstellen.
Darauf basieren dann wiederum die Planung der Marketingmaßnahmen oder auch Gewinnvorhersagen. Prognostizierte Absatzzahlen dienen wiederum als Grundlage für Produktions-, Personal- oder Finanzplanung. Auch im Rahmen der strategischen Unternehmensplanung spielt das Konzept eine große Rolle.
Üblicherweise werden 5 Phasen unterschieden. Je nach Auslegung steht in einigen Modellen noch eine sechste Phase – die Entwicklungsphase – am Anfang des Zyklus. Diese Phase beginnt mit einer neuen Produktidee und der Entwicklung eines marktreifen Produktes und endet mit der Markteinführung. Während der Entwicklungsphase entstehen hohe Kosten und Gewinne können noch nicht erzielt werden. Die Gewinnkurve ist also negativ.
Hier nun die auf die Entwicklungsphase folgenden Phasen im Einzelnen:
Einführungsphase
In dieser Phase wird ein neues Produkt auf den Markt gebracht (Markteinführung). Niemand kann zu diesem Zeitpunkt genau vorhersagen, wie das Produkt auf den Märkten ankommt. Natürlich wird man im Vorfeld versuchen, das Produkt möglichst gut auf die Bedürfnisse der Zielgruppe abzustimmen. Aber, ob die Kunden auch entsprechend reagieren und das Produkt annehmen, ist erst einmal ungewiss.
Es besteht das Risiko, dass ein Produkt auch ein Flop werden kann. Trotz hohem Werbeaufwand überzeugt das Angebot die Kunden nicht. Dann ist der Zeitpunkt gekommen, das Produkt wieder vom Markt zu nehmen. So soll der finanzielle Verlust für das Unternehmen eingegrenzt werden. Ist das Werbekonzept gut und das Produkt kommt bei den Kunden gut an, nehmen die Verkäufe zu. Der Absatz steigt und damit auch der Umsatz. Ist der Break-Even-Point erreicht, tritt das Produkt in die nächste Phase des Zyklus ein.
Typische Merkmale für die Einführungsphase sind:
- Hohe Werbe- und Vertriebskosten: Um das Produkt bekannt zu machen und einen möglichst großen Teil der Zielgruppe zu erreichen, sind umfangreiche Kommunikationsmaßnahmen (Anzeigen, Online-Marketing, TV-Spots etc.) notwendig. Möglicherweise müssen auch die bestehenden Vertriebspartner überzeugt werden oder ein eigener Vertriebskanal aufgebaut werden.
- Keine Gewinne: Die noch geringen Verkäufe können die Kosten für die Herstellung, das Marketing und Fixkosten nicht decken. Daher sind die Gewinne negativ und das Produkt hat einen negativen Cash-Flow. D.h., es muss zusätzlich Geld investiert werden. Für das Unternehmen bedeutet dies entweder Rücklagen bereit zu halten oder aus anderen Produktbereichen Finanzmittel abzuziehen.
- Steigende Umsätze: Sofern die Marketingmaßnahmen erfolgreich sind und das Produkt Käufer findet, steigt der Umsatz. Wie schnell das geht, kann man nicht genau vorhersagen. Hierbei können statistische Methoden genutzt werden, um den Verlauf abzuschätzen.
- geringe Stückzahlen: Noch werden nur geringe Stückzahlen produziert. Das bedeutet, dass sogenannte Skaleneffekte noch nicht dafür sorgen, dass die Herstellungskosten günstiger werden und der Preis gesenkt werden könnte, um noch mehr Kunden anzusprechen.
- Break-Even-Point als Übergang in die Wachstumsphase: Die Gewinnschwelle, definiert die Grenze zur Wachstumsphase. Der Umsatz, den das Produkt erzielt, deckt nun die Gesamtkosten für die Herstellung. Ab jetzt wird durch den Verkauf ein Gewinn erwirtschaftet.
Wachstumsphase
Wird das Produkt vom Markt grundsätzlich akzeptiert, nimmt in dieser Phase der Absatz zu. Werbemaßnahmen zeigen ihre Wirkung; die Nachfrage und die Bekanntheit steigen. Immer mehr Kunden wollen das Produkt haben. Aber auch der Wettbewerb wird auf den Erfolg aufmerksam und es können erste Nachahmerprodukte (Me-Too-Produkte) auf dem Markt erscheinen. Hat ein Unternehmen einen lukrativen Markt erschlossen, wird es in der Regel immer andere Unternehmen geben, die auch auf den rollenden Zug aufspringen wollen. Sie profitieren von der Vorarbeit des ersten Unternehmens und sparen sich die Kosten für die Einführungsphase. Hier gilt es dann die eigenen Wettbewerbsvorteile zu sichern, bzw. durch Instrumente der Markenbildung die eigenen Marktanteile auszubauen.
Typische Merkmale dieser Phase:
- Werbekosten können reduziert werden: Die Ausgaben für Marketingmaßnahmen können zurückgefahren werden. Allerdings muss darauf geachtet werden, dass der Wettbewerb nicht zu stark wird und viele Marktanteile gewinnt. D.h. in dieser Phase ist eine deutliche und klare Positionierung gegenüber den Produkten des Wettbewerbs notwendig.
- Maßnahmen zur Kundenbindung: Produktvarianten, Service-Leistungen, Garantie etc.
- Gewinnschwelle / Break-Even-Point wird erreicht.
- Umsatz und Absatz wachsen weiter und stark an: Durch den Anstieg der Produktion werden Kostenvorteile erzielt. Das Konzept der Erfahrungskurve besagt, dass pro Verdoppelung der Produktionsmenge die Kosten/Stück um 20%-30% sinken. Auch die anteiligen Fixkosten verteilen sich auf mehr Einheiten. Um diese Skaleneffekte zu nutzen, ist ein Unternehmen bestrebt, möglichst hohe Marktanteile zu erreichen und durch die höhere Absatzmenge die Produktion zu verbilligen. In der Folge könnte der Preis gesenkt werden und ein Wettbewerbsvorteil entsteht.
Übergang in die Reifephase, wenn die Umsatzsteigerungen ihren Höhepunkt erreicht haben und langsam rückläufig sind. D.h. der Umsatz kann weiterhin steigen, aber die Zunahme ist nicht mehr so stark, wie bisher. (Grenzumsatz/Grenzabsatz).
Grafische Darstellung des Produktlebenszyklus von der Entwicklungphase hin zur Degenerationsphase.
Reifephase
Die Verkäufe erreichen ihren Höhepunkt. Absatz, Umsatz und Gewinn sind auf einem anhaltend hohen Niveau. Allerdings beginnt der Umsatz langsam zu sinken. Der Markt zeigt erste Anzeichen einer Sättigung. D.h. das Interesse der Kunden am Produkt geht zurück. Die Unternehmen versuchen oft durch einen Relaunch dem Verkauf noch einmal einen neuen Impuls zu geben. Durch neue Eigenschaften wie bspw. neue Technik, neues Design oder zusätzliche Verwendungsmöglichkeiten sollen die Verkäufe wieder angeregt und die Phase der hohen Nachfrage verlängert werden. Der Wettbewerb versucht weiterhin Marktanteile zu gewinnen.
Typische Merkmale dieser Phase:
- Hoher Marktanteil.
- Absatz/Umsatz hoch, aber nehmen kaum mehr zu bzw. sinken am Ende der Reifephase.
- Einsatz aller Marketinginstrumente, z.B. in der Preispolitik gegen den Wettbewerbsdruck.
- Marktwachstum geht zurück. Die Kunden haben zunehmend einen geringeren Bedarf am Angebot.
- Die Unternehmen versuchen diese Phase so lange wie möglich zu halten.
Sättigungsphase
Das Marktpotenzial ist nun erschöpft, es gibt kein Marktwachstum mehr. Die Kunden kaufen das Produkt nicht mehr. Dadurch nimmt der Konkurrenzkampf zu. Rabatte schlagen sich auf die Gewinne nieder. Durch die sinkende Nachfrage fallen die Absatzzahlen, durch die Konkurrenz sinkt der Marktanteil.
Typische Merkmale dieser Phase:
- Absatz und Marktanteil sinken.
- Markt ist gesättigt – kein Marktwachstum mehr.
- starker Konkurrenzkampf und Verdrängungswettbewerb. Erste Wettbewerber könnten den Absatzmarkt verlassen.
- Fokus auf Kosteneinsparungen, um Preissenkungen zu ermöglichen.
- Gewinne gehen weiter zurück.
- Werbeaufwand nimmt noch einmal zu, um sich vom Wettbewerb abzusetzen.
Auch in dieser Phase könnte noch versucht werden, durch einen Relaunch eines Produktes der negativen Entwicklung entgegenzuwirken.
Degenerationsphase
Nun geht es rapide bergab. Es gibt kaum mehr Käufer. Das Marketing wird eingestellt und das Produkt vom Markt genommen. Verluste können nun z.B. auch durch Haftungsfragen, Service- und Wartungsverpflichtungen entstehen.
Typische Merkmale dieser Phase:
- Produkt wird vom Markt genommen.
- Verluste können entstehen.
- Der Produktlebenszyklus für das Produkt ist beendet.
Fazit
Die aktuelle Position eines Angebots im Produktlebenszyklus hat eine große Bedeutung für das Unternehmen. Daher werden Zahlen und Daten gesammelt, um die Entwicklung genau zu beobachten. Informationen liefern bspw.:
- Vergangenheitswerte (Statistik)
- Produktionszahlen
- Warenbestand
- Auftragsbestand
- Absatz, Umsatz, Deckungsbeitrag, Gewinn
- Trendanalysen
Anhand der Ergebnisse entscheidet z.B. ein Produktmanager, wie es weiter geht. Lässt er das Produkt auslaufen, soll es einen Relaunch (Produktentwicklung) geben, hat er ein Produkt, das er neu auf dem Markt einführen kann? Zu großen Problemen kann es kommen, wenn die Entwicklungsabteilung nicht rechtzeitig ein neues Produkt zur Marktreife gebracht hat. Unternehmen sind also gezwungen andauernd neue Produkte zu entwickeln (Innovationsdruck), um einen Ausgleich zwischen Einführung und Degeneration zu haben.
Die Dauer der einzelnen Phasen und des gesamten Zyklus ist von Branche zu Branche unterschiedlich. Coca-Cola hält sich bspw. seit vielen Jahren in der Reifephase. Der Produktlebenszyklus in der Automobilindustrie ist länger als bei Mobiltelefonen. In der Modebranche sind die Zyklen sehr kurz und dauern oftmals nur einige Monate, bis eine neue Saison beginnt und ein neuer Modetrend auf den Markt kommt. Auch die Branchen selbst oder einzelne Technologien unterliegen diesem Lebenszyklus. Insbesondere bei den Technologien sind die Unternehmen gezwungen sich stetig weiterzuentwickeln, um nicht an technologische Grenzen zu stoßen und sich neue Potenziale zu eröffnen.
Das Konzept des Produktlebenszyklus spielt insbesondere in der strategischen Unternehmensplanung und dem Marketing eine zentrale Rolle. So besteht ein großer Zusammenhang mit dem strategischen Planungsinstrument der Produkt-Matrix der Boston Consulting Group. Question Marks, Stars, Cash Cows und Poor Dogs durchlaufen die Phasen des Produktlebenszyklus. Die Planung und Steuerung der Produkte und deren Verteilung entlang des Lebenszyklus ist von großer Wichtigkeit. Wären zu viele Produkte in der Sättigungsphase und keine oder nur wenige in der Einführungsphase, könnte dies zu Problemen bspw. hinsichtlich der Liquidität führen. Es könnten in der Folge finanzielle Mittel für die Produktentwicklung und Einführung neuer Produkte fehlen.
Die einzelnen Phasen und ihre Merkmale spielen insbesondere im Marketing eine große Rolle. Die vier klassischen Marketinginstrumente, die 4Ps – Product, Price, Promotion, Place – werden eingesetzt, um auf die Besonderheiten der jeweiligen Phasen reagieren zu können bzw. Einfluss auf die Entwicklung der Phasen zu nehmen.